Können Umgangsrecht und Gewaltschutz in Einklang gebracht werden?

Fachtagung des Regionalen Runden Tisch Rhein-Westerwald - Interventionsprojekt gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen

Können Umgangsrecht und Gewaltschutz in Einklang gebracht werden? Die jüngste Fachtagung des Regionalen Runden Tisch Rhein-Westerwald im außerschulischen Lernort Linkenbach war der Suche nach wegweisenden Antworten auf diese brisante Frage gewidmet. Der Regionale Runde Tisch ist wiederum Bestandteil des rheinland-pfälzischen Interventionsprojektes gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen. 

Im Zuge einer Trennung der Eltern besitzt das so genannte Umgangsrecht, das dem Kind einen regelmäßigen Umgang mit beiden Elternteilen ermöglicht, grundsätzlich einen hohen Stellenwert. Ist allerdings häusliche Gewalt im Spiel, so muss von diesem Regelsatz abgewichen werden. Der Gesetzgeber eröffnet diesen Spielraum, wobei Interpretation und Umsetzung den Familienrichtern obliegt.

„Familiengerichte haben einen eigenen Ermittlungsauftrag und sind angehalten, den Gewaltschutz von Mutter und Kind sicherzustellen und zu überprüfen, inwiefern und unter welchen Umständen der Umgang dem Kindeswohl tatsächlich dient“, brachte Landrat Achim Hallerbach den inhaltlichen Ansatz der Tagung auf den Punkt. Als Expertin hatte der Regionale Runde Tisch Rhein-Westerwald die Familienrichterin a.D. Sabine Heinke gewonnen. Die erfahrene Juristin erläuterte dem interessierten Fachpublikum den Ablauf des familiengerichtlichen Verfahrens und zeigte auf, wie der Schutz der Gewaltbetroffenen –meistens Mütter und damit auch der Kinder– sichergestellt werden kann.

Foto: Christina Schumacher vom Frauenhaus Westerwald, Daniela Kiefer, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Neuwied mit Dagmar Leimpeters von der Gleichstellungs-Stelle und Landrat Achim Hallerbach (von links). Foto: Thomas HerschbachUm dies zu gewährleisten, sei es zwingend erforderlich, dass die Informationen an den Schnittstellen zwischen Familiengericht, dem Jugendamt, den Beratungsstellen oder auch der Polizei nicht verloren gehen. „Die Familienrichter haben einen eigenen Ermittlungsauftrag. Damit sie den auch ausüben können, müssen sie darüber Kenntnis erlangen, dass es einen Gewalt-Hintergrund gibt“, betonte Sabine Heinke. Die pensionierte Familienrichterin nahm in ihren Ausführungen immer wieder auch die Perspektive der Kinder ein und vergegenwärtigte die Konfliktsituation, der sich die Kinder ausgesetzt sehen würden. Dabei müssten sie oftmals auch eine Verantwortung übernehmen, der sie nicht gewachsen seien.

Im Zuge der Umsetzung der Istanbul-Konvention ist der Staat ausdrücklich dazu verpflichtet, eine Einschätzung der Gefährlichkeitslage vorzunehmen. „Oftmals stellt die Trennung sogar ein erhöhtes Risiko für gewalttätige Übergriffe dar. Das geht im Extremfall bis hin zu Tötungsdelikten“, erklärt Daniela Kiefer, Gleichstellungsbeauftragte im Landkreis Neuwied. Umso bedeutsamer sei es, durch wirksame Maßnahmen den Schutz der Betroffenen sicherzustellen.

„Auch bei uns im Kreisjugendamt kennen wir die mit häuslicher Gewalt einhergehenden Probleme und setzen alles daran, damit wichtige Informationen zum Schutz des Kindes auch Beachtung finden“, ergänzte Landrat Hallerbach, der in diesem Zusammenhang ebenfalls darauf hinwies, dass der Waffenbesitz bzw. der Besitz der Waffenscheine in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen habe.

Wie groß der Informationsbedarf war, wurde nicht zuletzt daran deutlich, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die unter anderem bei der Jugendhilfe, den Beratungsstellen, der Polizei und den Kitas arbeiten, noch über die geplante Zeit hinaus vor Ort blieben, um sich mit der erfahrenen Referentin auszutauschen.

Dem Thema „Umgang-Sorgerecht-Gewaltschutz“ wird sich die Unterarbeitsgruppe des Regionalen Runden Tisches Rhein- Westerwald auch weiterhin widmen.

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