Neue „Gemeinsame Agrarpolitik - GAP“ stößt auf großen Unmut

Landrat Hallerbach: Weitere Stilllegung von Ackerflächen ist der größte Unsinn – Landwirte sind unsere Urproduzenten für die Lebensmittelhersteller – Manche Existenzen sind gefährdet 

„Neuerungen in der Gemeinsamen Agrarpolitik 2023 in der EU und der Nationale Strategieplan für Deutschland – Was ändert sich?“  Zu dieser Leitfrage gab es im Kreis Neuwied reichlich Informationsbedarf, - und viele offene Fragen. So waren schon die acht Kleingruppen-Veranstaltungen zur gemeinsamen Agrarpolitik und der neuen Antragssoftware LEA, die die Untere Landwirtschaftsbehörde des Kreises Neuwied angeboten hatte, allesamt ausgebucht. Gemeinsam mit dem Bauern- und Winzerverband sowie dem Verein landwirtschaftlicher Fachbildung (VLF) organisierte sie deshalb kürzlich noch eine weitere, große Infoveranstaltung in der Neustädter Wiedparkhalle, die Resonanz war überwältigend.

Foto: Informierten über die neue gemeinsame Agrarpolitik (v.l.n.r.): Landrat Achim Hallerbach, Jürgen Mohr (DLR Westerwald-Osteifel), Markus Mille (Bezirksgeschäftsführer Bauern- u. Winzerverband Rheinland-Nassau), Marion Schmitz (Landwirtin und Vorstandsmitglied Kreisbauern- und Winzerverband), Jan Schumacher (Untere Landwirtschaftsbehörde), Dominik Ehrenstein (Landwirt und Vorstandsmitglied Kreisbauern- und Winzerverband) sowie Ulrich Schreiber (Landwirt und Vorsitzender Kreisbauern- und Winzerverband).  Foto: Kreisverwaltung Neuwied / Alexandra MoogNach einigen vorangegangenen Reformen steht nun die gemeinsame EU-Agrarpolitik 2023 mit der nationalen Umsetzungsstrategie vor der Tür. „Diese vereinfacht das tägliche Leben der Landwirte nicht unbedingt. Grundsätzlich müssen die Betriebe mehr Auflagen erfüllen und noch umweltschonender wirtschaften, um überhaupt die „Einkommensgrundstützung für Nachhaltigkeit“ zu erhalten. Dazu gehört zum Beispiel die Pflicht zum Einhalten einer Fruchtfolge, eine Mindestbodenbedeckung des Ackers über Winter durch Gründünger sowie das Stilllegen von vier Prozent der gesamten Ackerfläche im Betrieb,“ skizzierte Landrat Achim Hallerbach die hemmenden und teils blockierenden Maßnahmen. Letztere ist die am stärksten polarisierende Auflage. „Auf der einen Seite wollen wir uns von fremden Märkten unabhängiger aufstellen, auf der anderen Seite reduzieren wir eigene Produktionskapazitäten zum Beispiel für Getreide. Wir brauchen freie Märkte für die Landwirte und keine ideologischen Gängelungen,“ zeigte sich der Neuwieder Kreischef erbost.


„Außerdem wurde in diesem Jahr eine neue Beantragungssoftware für die Agraranträge in Rheinland-Pfalz eingeführt. Das Programm LEA löste das zuvor 2015 eingeführte AS-digital ab. Auch hier gibt es weiterhin viele offenen Fragestellungen und Verwirrungen,“ betonte Jan Schumacher von der Unteren Landwirtschaftsbehörde der Kreisverwaltung Neuwied.

Landrat Achim Hallerbach verwies in seinem Grußwort auf das zunehmende Bevölkerungswachstum, die Bebauung und die Umnutzung von landwirtschaftlichen Flächen in den Gunstregionen. Dies trüge neben der Stilllegungsverpflichtung von vier Prozent Ackerfläche nicht zur globalen Ernährungssicherheit bei. Vor den ca. 200 interessierten Besuchern machte er deutlich, dass landwirtschaftliche Produktion benötigt wird und diese bereits unter den Aspekten der Ökologie, Ökonomie und der Sozialverträglichkeit im Landkreis Neuwied und in Deutschland praktiziert werde.

Jürgen Mohr vom DLR Westerwald-Osteifel referierte über die Auswirkungen der neuen gemeinsamen Agrarpolitik. Über die Folgen eines einzelbetrieblichen Ausstieges aus der gemeinsamen Agrarpolitik informierte Markus Mille vom Bauern- und Winzerverband. Im finalen Vortrag stellte Jan Schumacher von der Unteren Landwirtschaftsbehörde des Kreises Neuwied die Details des neuen Antragssoftwareprogramms vor.

Was ist die gemeinsame Agrarpolitik? 1963 eingeführt, war ursprünglich Ziel, das von Nahrungsmittelknappheit geprägte Nachkriegseuropa mit Lebensmitteln zu versorgen. Außerdem sollte der Lebensstandard von Landwirten auf das Niveau der „normalen“ Bevölkerung gehoben und die Märkte stabilisiert werden. In der Folge wurden landwirtschaftliche Betriebe entsprechend der produzierten Mengen subventioniert, und der Staat griff bei fallenden Marktpreisen ein. Diese Unterstützung konnte den herannahenden Strukturwandel der 1960er Jahre aber nicht aufhalten, stattdessen wurden die Betriebe immer größer und produktiver. Die immer größeren Überschüsse der Agrarproduktion führten dann zu Reglementierungen, beginnend 1992 mit der MacSharry-Reform. Die Interventionspreise wurden gesenkt, und es gab zum ersten Mal flächengebundene Direktzahlungen in Kombination mit flankierenden Maßnahmen, wie Extensivierungen, Vorruhestand oder Ähnlichem.

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